Höhenmeterfressen in der Lombardei
Fahrer: Matteo Conti, Sebastian Weinert
Wo: Livigno, Lombardei, Italien
Wann: Samstag, 29. Juni 2024 um 7°° Uhr
Wetter: 9° C am Start, mittags bis 22° C
Strecke: 167km, 4’200hm, Platz 55 in einer Zeit von 6:22h
Die Anreise führte uns von Aying, über die Jachenau und Mittenwald durch Österreich und die Schweiz, erreichten wir am Freitag Nachmittag Livigno. Unser Hotel war zentral gelegen, so dass wir zunächst das Auto parkten, eincheckten, etwas aßen. Schnell noch die Startnummern abgeholt, waren wir für eine Stunde auf den Rädern, unsere die Beine von der 5-stündigen Autofahrt locker zu machen und die ersten paar Kilometer der Rennstrecke mit ihren Kreisverkehren und Schlaglöchern zu besichtigen.
Am Samstag Morgen standen wir um 5°° Uhr zum Frühstück auf, um uns kurz nach 6°° Uhr am “Acuadromo Livigno” zum Start einzufinden. Die Startaufstellung fand – wie von italienischen Events gewohnt – ordentlich in eingezäunten Bereichen, also in Startboxen statt. Platz 1-100 war für die sehr wichtigen Leute, kurz VIP reserviert. Wer schonmal beim Alé La Merckx Verona in den Vorjahren eine gute Platzierung errungen hatte, stand ab Nummer 101-400. Ab 401-1’000 folgten alle anderen nach der Reihenfolge ihrer Meldung. Wir standen in der 400er Box vorne.
Der Start und der erste Pass
Gleich nach dem Startschuss um 7°° Uhr gab ich mir Mühe nach vorne zu kommen und hatte dieses erste Ziel am Ortsausgang Livigno auch erreicht. Neben mir fuhren an der Spitze alle schnellen Leute.
Kurz nach dem Forcolca di Livigno (2.315m ü.n.N.) war der erste Pass des Tages mit dem Passo Bernina auf 2’327m Höhe erreicht. Schnell vorbei am Lago Bianco, den Reißverschluss meiner Weste wieder zugezogen, ging es in einer etwa 20 Mann/Frau großen Gruppe in die lange Abfahrt nach Zernez. Auf der Uhr nach 2:30h stand ein 34er Stundenmittel. Leicht bergan zum Tunnel Munt la Schera (1’712m) bogen viele Fahrer bei Kilometer 82,6 rechts, also südlich, auf die kurze Runde zurück nach Livigno ab.
Für mich ging es weiter bergauf zum Passo dal Fuorn mit 2’148m. Bergab war es stets recht kalt und bergauf eigentlich – wohl durch mein warmes Winter-Unterhemd – ein Stück zu warm. Naja, zumindest konnte ich die Armlinge in den Trikottaschen verstauen und unsere neue Teamweste war perfekt geeignet, nicht nur durch den hohen Kragen, sondern vor allem durch den Reißverschluss, der sich von oben und von unten öffnen lässt: man muss sie nie komplett ausziehen und hat kurz vor der Abfahrt kein Problem mit dem Wiederverschließen des Reißverschlusses. Am Fuorn war die Dringlichkeit nach einem kleinen Geschäft dann so stark, dass ich die große Gruppe ziehen lassen und zum Pinkeln anhalten musste. Es ging bergab und ich hatte bis Kilometer 105 im Val Mustair zwei Riegel und drei Gels gegessen. Meine großen KEEGO Flaschen waren Gold wert; gab es nur zwei Verpflegungspunkte, wo ich Wasser tankte und etwas Obst aß.
Cima Coppi am Umbrail & leichte Laufräder
Zur “Cima Coppi” des Tages auf den Umbrailpass auf 2’501m ging es in kleinen versprengten Gruppen. Ein jeder fuhr mittlerweile sein Tempo und der Pass, den wir auf der Nordseite zu bezwingen hatten, zog sich für mich wirklich in die Länge. Ich schaffte es nicht, für 13,2 Kilometer unter einer Stunde Fahrzeit zu bleiben und fand später eine 1:03h bis zur Passhöhe in den Aufzeichungen wieder. Bergab ging es gut und die Schlauchreifen zahlten sich wirklich aus; ich übernahm stets die Führung und nahm meinen Mitstreitern eigentlich in jeder Serpentine 5-10 Meter ab, die diese dann zufahren mussten. Wer braucht da moderne Tubeless’, die in der Kurve kippen?! Ein fettes DANKE an Simon V., der mir den 1’200g leichten Radsatz mit DT180er Naben und Schmolke Felgen aufgebaut hat.
Nach der Abfahrt merkte ich die Anstrengung doch deutlich und war zum vorletzten Pass, dem Passo del Foscagno mit 2’291m (notwendigerweise) etwas langsamer unterwegs. Meine Getränke waren aufgebraucht, aber zum Glück rettete mich auf dem Weg zum Gipfel des Passo di Eira (2’208m) der medizinische Service mit frischem Acua!
Das Ende — eine Sau
Das Ziel oberhalb von Livigno lag auf 2’382m und um dort hinzukommen musste man eine 2 Kilometer lange (nach 165 Kilometern schier unendlich erscheinende) 20%-Rampe hoch — eine Sau! Bei Girosieger Tadej Pogacar sah dieser Anstieg zum Ziel der 15. Etappe irgendwie leichter aus… Nach 6 Stunden und 20 Minuten blieb die Uhr stehen und Matteo schaffte es eine halbe Stunde später ins Ziel — chapeau!
Fazit
Insgesamt ein gutes Training für unser erstes Saison-Highlight in drei Wochen im Tessin, wenn die berühmte Tremola wieder auf uns wartet! Aber zwei Verpflegungsstationen sind einfach zwei zu wenig, liebe Veranstalter! Bei fast 100€ Startgeld sollte das doch möglich sein, dass nicht jeder Fahrer persönliche Betreuer an der Strecke braucht. Lasst bitte einfach das Jersey weg, das eh kein Mensch anzieht – es gibt doch eine schöne Finishermedaille und dann ist wieder Geld da, zusätzliche Verpflegung zu organisieren. Deshalb war ich Ende auch einfach froh, dass es nicht 30° Celsius waren!
Nächstes Jahr kommen wir gerne wieder. Aber eigentlich brauche ich keine Touren mit 4’000 Höhenmetern gegen die Uhr mehr. Oder doch?
Wie immer ein großes Dankeschön an unsere Sponsoren, ohne die das alles gar nicht möglich wäre:
LEODIN – Gößl+Pfaff – ABUS – KEEGO